9. Juli 2013

Demokratie und Gleichheit im öffentlichen Raum

Die Umverteilung im Rahmen der Energiewende geht weiter seinen gewohnten Gang: von unten nach oben. Philipp Rösler und Peter Altmaier haben in ungewohnt trauter Gemeinsamkeit ein „Eckpunktepapier zur Bürgerbeteiligung beim Netzausbau“ vorgelegt. Kernpunkt ist, Bürger die vom Netzausbau betroffen sind können sich mit einer Art Anleihe beteiligen die dann mit 5% verzinst wird. Das ist attraktiv, für Bundesanleihen gibt es momentan praktisch gar keine Zinsen. Und wenn der Staat dafür gerade steht, sind wohl auch die Netzanleihen mit dem gleich geringen Risiko behaftet wie Bundesanleihen. Die Absicht dieses Vorhabens ist klar, es geht nicht um Kapitalbeschaffung für ein Industrieprojekt, sondern der Widerstand vor Ort soll durch diese Beteiligungsmöglichkeit gebrochen werden.

Die Eckpunkte dieser als „Bürgerdividende“ genannten Vorhabens werden so zusammengefasst:
• Um möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu ermöglichen, sollte die Mindesteinlage im Bereich bis 1000 € liegen.

• Das Finanzierungsinstrument richtet sich primär an private Anlegerinnen und Anleger, die in betroffenen Landkreisen wohnen oder an Grundstückseigentü- mer, die von dem konkreten Leitungsbauvorhaben betroffen sind. Zusätzlich kann entsprechend der lokalen Gegebenheiten auch juristischen Personen, z.B. landwirtschaftlichen Betrieben, eine Beteiligung ermöglicht werden.

• Es ist wünschenswert, dass Anwohnerinnen und Anwohnern, die in einem be- stimmten Höchstabstand zu dem Leitungsvorhaben wohnen, bei der Ausgabe von Beteiligungen bevorzugt werden, beispielsweise, indem ihnen eine Zutei- lung in bestimmter Höhe garantiert wird (z.B. bis zu 10 000 €) oder indem ihnen ein Vorrang bei der Zeichnung der Anleihe gewährt wird.
Akzeptanz schaffen, bedeutet aber in diesem Zusammenhang nichts anderes, als dass Stimmen gekauft werden. Denjenigen die möglicherweise gegen die Verschandelung ihrer Umwelt protestiert hätten, wird nun durch das Versprechen einer attraktiven Rendite schmackhaft gemacht, auf Proteste zu verzichten. In Bananenrepubliken würde man ein solches Vorgehen als Stimmenkauf bezeichnen. Oder es ist ein Deal, ich verzichte auf meine Rechte, dafür bekomme ich Cash.

Bezeichnend, und das trifft auf die ganze Energiewende zu, ist, dass auch hier wieder mit zweierlei Maß gemessen, verteilt, wird. Diejenigen die nichts haben, die nicht mal so hopplahopp ein paar tausend Euro locker machen können, und da gibt es eben auch noch viele in diesem Land, nicht zu denen gehören die an dem Geldseegen partizipieren können, die dürfen es dann nur bezahlen, weil auch diese Ausgaben irgendwann auf der Stromrechnung erscheinen. Für die Übertragungsnetzbetreiber sind das einfach Kosten, die in die Berechnung der Entgelte einfließen. Merke: Wer viel hat, dem wird gegeben; wer nichts oder wenig hat dem wirds genommen.

Dieser Abkauf von Rechten ist schon deswegen moralisch verwerflich, weil nur derjenige sich seine Rechte abkaufen lassen kann, der auch die finanzielle Möglichkeit hat zu investieren. Eine „Bürgerdividende“ wäre eine Zahlung an alle, vielleicht an die Gemeinde, oder direkt an jeden Haushalt. Wer auf sein Recht verzichtet Einspruch oder Klage zu erheben, und darüber auch noch sich verpflichtet nicht an Protesten teilzunehmen bekommt einen Betrag X. Solch ein Vorgehen wäre ehrlich und korrekt gewesen, wenngleich dieser Rechteabkauf schon eine bedenkliche Nähe zu Praktiken wie in Bananenrepubliken hätte.

So bleibt es eben bei der die Energiewende kennzeichnenden Umverteilung von Unten nach Oben, mit der zusätzlichen Erkenntnis, dass diejenigen die nichts haben zwar Rechte besitzen, diese aber nichts wert sind.

Öffentliche Räume sind Orte der Demokratie, mit gleichen Rechten für jedermann. Das war einmal. Von Altmaier und der durchgrünten CDU habe ich nicht erwartet, dass er sich solch elementaren Fragen der Demokratie widmet, von Rösler und der FDP schon. Aber vielleicht ist sie doch nur eine Partei die sich ihrer Klientel verschrieben sieht und dabei mal locker liberale Prinzipien über Bord wirft, wie die der Gleichbehandlung.

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