16. März 2013

Fukushima und die bebilderte Desinformation

Zum Thema Des- oder Falschinformation über Fukushima gäbe es einiges zu sagen. Mir fällt da eine Geschichte ein, die erst einmal gar nichts damit zu tun zu haben scheint. Vor einigen Jahren (vielleicht Jahrzehnten?) lief im TV ein Bericht über den Wahlkampf des Ronald Reagan. Aus dem Gedächtnis: Die (amerikanischen) TV-Reporter wollten einen Widerspruch aufdecken, zwischen dem was Reagan sagte und welche Politik er betrieb. Kurz, der Bericht war sehr Contra-Reagan aufgemacht. Zum Beispiel, es wurde gezeigt wie der Präsident durch die Lande reiste und überall Hände schüttelte, in Krankenhäusern, bei Farmern und, und, und. Die Bilder waren positiv, die Kommentare dazu aber sehr kritisch. Nachdem dieser Film gesendet wurde, rief jemand von Reagans Wahlkampfteam bei den Filmemachern an und bedankte sich. Die dachten erst, die TV-Leute, man wolle sie verarschen, doch dem war nicht so. Der Dank war ehrlich gemeint.

Die Begründung kam auch gleich hinterher: Bild schlägt Ton. Wohl war die Kommentierung ein Verriss der Politik Reagans, doch die Bilder die gezeigt wurden, zeigten einen sympathischen Kandidaten, einen der sich um die Leute kümmert. In Reagans Team war man der Meinung, dass dies als tiefere Erkenntnis in den Köpfen der Menschen verankert bleibt, der kritische Kommentar jedoch schnell wieder vergessen wird. Erst nach diesem Anruf ist den Filmemachern aufgegangen, dass sie mit ihrem kritisch gemeinten Bericht, in Wirklichkeit Wahlkampfhilfe für Reagan machten.

Heute ist den TV-Leuten diese Wirkmächtigkeit von Bildern sehr wohl bekannt, und dass die Bilder einen sehr viel tieferen Eindruck hinterlassen, als es das gesprochene Wort tut. Besonders schön auch in der immer subtiler werdenden Werbung zu sehen. Der Fehler, den dem TV-Leuten bei der Reportage über Reagan unterlaufen ist, nämlich zu dem was man kritisieren möchte, positive Bilder zu zeigen, das wird heute kaum noch vorkommen.

Dieser Effekt, wie er an dem hier aufgeführten Beispiel erkennbar wird, kann und wird aber auch ganz bewusst zur Desinformation, oder besser zu Täuschung, eingesetzt. Und vor allen wenn es einen Widerspruch zwischen Bildern und Text gibt, wird dieser Widerspruch nicht sofort als Täuschung erkannt. Dieselben Täuschungen, wenn sie nur im Text dargestellt werden, fallen sofort auf und führen zur Bloßstellung des Autors. Hätte beispielsweise Claudia Roth, als sie die Opfer von Tsunami und Erdbeben in Japan der Havarie des Kernkraftwerks in Fukushima zuordnete, dies etwas subtiler getan und, meinetwegen, Opfer der Naturkatastrophe im Bild gezeigt, und im Text von Fukushima gesprochen, so hätte sie mit Sicherheit keinen solchen Shitstorm auf ihrem Facebook-Account geerntet. Es wäre weitestgehend unbemerkt geblieben, obwohl die Aussage die gleiche Desinformationsabsicht hätte und wahrscheinlich noch wirkungsvoller wäre, als der plumpe Versuch der Täuschung, der ihr nun zu Recht vorgeworfen wird.

Genau so aber, wie es Claudia Roth hätte tun müssen, verfahren vor allem unsere öffentlich rechtlichen Medien. Jetzt zum zweiten Jahrestag der Naturkatastrophe konnte dies in wohl allen Fernsehkanälen beobachtet werden. Bilder von den durch Tsunami und Erdbeben verursachten Zerstörungen wurden gezeigt, und von Fukushima wurde gesprochen. Natürlich wurde nicht behauptet, dass das Kernkraftwerk diese Zerstörungen verursacht hätte, doch da diese falschen Bilder als Illustration verwendet wurden, entsteht ein Bild im Kopf des Betrachters, als wäre es so.

Die Bilder zeigten einen sympathischen Ronald Reagan, obwohl im Text etwas anders gesagt wurde. Doch die Bilder blieben als wesentliche, wenn auch in diesem Fall als ungewollte, Botschaft hängen. Bei Fukushima ist das ein wenig anders. Hier werden die Bilder zur gezielten Desinformation oder Täuschung eingesetzt. Durch die Havarie im Kernkraftwerk ist nämlich niemand Tode gekommen, auch in Zukunft nicht. Doch die Bilder die uns von Tagesschau & Co. präsentiert werden, erzählen eine Geschichte von Tod und Verwüstung und stehen in ihrer Dreistigkeit der Aussage von Claudia Roth nicht nach.

7 Kommentare :

  1. Hallo Herr Quencher,

    ich denke das ist richtig. Durch die Medien Fernsehen und Internet sind wir permanent auf allen Ebenen der Desinformation ausgesetzt.
    Das kann man sich nur bewusst machen, aber nicht verhindern.

    Mit freundlichen Grüßen
    Günter Heß

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  2. Lieber Herr Heß,

    verhindern geht natürlich nicht, wie auch. Die Alternative wäre ja eine Art Zensur, die die entsprechenden Film- oder Printbeiträge begutachtet und bewertet. So etwas ist undenkbar. Aber wir sollten darauf aufmerksam machen, wenn Menschen bewusst getäuscht werden sollen, und die Berichterstattung über Fukushima ist für mich eine solche Täuschung.

    Viele Grüße
    Quentin

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  3. Lieber Herr Quencher,

    „bewusste“ Täuschung finde ich eher schwierig zu detektieren.
    Da landet man schnell in den „ad hominem“ Argumenten.
    Mein Eindruck ist eher, dass die Täuschung unbewusst ist
    Und auf kumuliertes Halbwissen beruht.

    Grüße
    Günter

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  4. Lieber Herr Heß,

    Ich will es nicht verallgemeinern, aber speziell bei der Berichterstattung über Fukushima würde ich schon bei dem Begriff „bewusste Täuschung“ bleiben. Ich weiß, das ist ein „ad hominem“ Argument, etwas was ich eigentlich auch nicht mag. Wie soll ich es aber anders darstellen? Vielleicht ist mitunter ein „Halbwissen“ schuld an der verfälschten Darstellung, nur ist dies in diesem Fall so klar erkennbar: Wo welche Schäden warum eingetreten sind, dass ich die Illustrierung nur so beschreiben kann wie ich es getan habe.

    Es ist, meines Erachtens, hier kein Unterschied zwischen der Darstellung von Claudia Roth und einer Vielzahl von Berichten im TV zu erkennen. Sie ist nur subtiler. Bei Roth mag ich noch als Entschuldigung gelten lassen, dass sie eine klare politische Agenda hat, und sie sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen möchte. Wenn Journalisten das Gleiche tun, dann machen sie offensichtlich auch das Gleiche: Politische Propaganda.

    Beste Grüße
    Quentin

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  5. Lieber Herr Quengler,
    Propaganda halte ich für den besseren Begriff
    Grüße
    Günter

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  6. Sorry, aber meine Autofunktion macht aus Quencher den Namen,
    Bitte editieren
    Grüße
    Günter

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  7. Lieber Herr Heß,

    ich kann hier keine Kommentare editieren, nur ganz löschen. Ich finde den Namen aber ganz lustig. Kein Problem. Wahrscheinlich gibt es den einen oder anderen, der mich so gut beschrieben sieht.

    Viele Grüße
    Quentin

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