21. Oktober 2012

Kleine Guttenbergs und die 68er

Im Cicero berichtet Gunnar Hinck über die Promotion des Götz Aly, welche wohl nicht ganz astrein gewesen sein soll. Und dass er sich an der Freien Universität Berlin nicht nur Freunde gemacht hat, weil er unter den Arbeiten von ganz normalen Doktoranden nach Plagiaten gesucht hat.
Unter dem Titel „Meine kleinen Guttenbergs“ startete er in seiner Kolumne für Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau eine Art Serie. Darin widmete sich Aly nicht nur schummelnden Doktoranden und nachlässigen Prüfern, er nahm sich auch seine eigenen Studenten an der Freien Universität Berlin vor.
Oh jeh, das musste ja böses Blut schaffen. Ausgerechnet an dieser Uni werden Schummler mit meine kleine Gutenbergs tituliert. Was aber Aly dazu bewegt, auch bei Otto-Normalstudent etwas genauer hinzuschauen, das erzählt uns Gunnar Hinck nicht, dafür aber, dass Aly früher maoistischen Idealen an gehangen habe.

Mich interessieren Alys Beweggründe eher weniger, genausowenig wie mich die Schummelein von Guttenberg und Co. tangiert haben. Was aber Hinck völlig verschweigt ist, dass Aly sich bei den Alt-68ern so richtig schön unbeliebt gemacht hat. Das Ott-Suhr-Institut an der FU Berlin, lehnte ihn schon mal aus fadenscheinigen Gründen ab. Hatte doch Aly in seinem Buch "Unser Kampf. 1968 – ein irritierter Blick zurück" nicht viel Gutes an dieser Zeit gelassen und auch sehr unbequeme Parallelen zur Nazizeit gezogen. So macht man sich natürlich keine Freunde.

Seine Erfahrungen von einer Lesereise fasste Aly in einem Essay für Perlentaucher.de zusammen.
.... Sibylle Lewitscharoff beschreibt, wie "um 1970" revolutionäre Kader aus Frankfurt in die schwäbische Provinz ausschwärmten, um Schüler, gerne auch Schülerinnen für die Revolution zu rekrutieren: "Einer sah aus, als wäre er einem Anarchistenzirkel zu Dostojewskis Zeiten entsprungen und hätte sich seither nicht mehr gewaschen, ein dickliches, schwer bebartetes Männchen mit rollenden Glühaugen. Daneben ein total verlederter Politmann, Briefträger von Beruf, Kopf wie ein abgeschlecktes Ei, die Schreckensassoziation drängte sich auch deshalb auf, weil er vor jedem Satz mit der Zungenspitze prüfend in die Mundwinkel fuhr. Nicht zu vergessen die kalten Kommissare, technoide Büromänner mit Waffenkenntnissen, die in der umliegenden Stuttgarter Provinz mit Entjungferungsauftrag unterwegs waren, um der Bewegung neues Material (ehrlich, es hieß so) zuzuführen. Und dann gab es noch das Arbeiterwunderkind aus Feuerbach. Mit erhobenem Zeigefinger und sanfter Stimme lehrte es wie Jesus im Tempel." ....
das ganze Essay lesen bei Perlentaucher
Bislang hatte ich mich noch nicht für Aly interessiert, kannte nur den Namen, mehr nicht. Das hat sich aber nun geändert. Danke Gunnar Hinck, dass Sie mich auf eine interessante Person aufmerksam gemacht haben.

2 Kommentare :

  1. Das Buch »Hitlers Volksstaat« kann man antiquarisch bekommen. Ich habe es nach einer Empfehlung aus dem Leserkreis von »Zettels Kleinem Zimmer« bestellt und gelesen. Man gewinnt doch einige Einsichten, die man vorher nicht hatte. Ich wusste bisher überhaupt nichts über Alys akademischen Grad und er ist mir auch gleichgültig.

    Die Frage ist: Ist es klug, sich Feinde zu machen, indem man in uralten Dissertationen herumschmökert, wenn man selbst möglicherweise nicht mehr jedes Zitat nachvollziehen kann?

    AntwortenLöschen
  2. In Perlentaucher: „Götz Aly: Hitlers Volksstaat“
    Untertitel: Raub, Rassenkrieg und nationaler Sozialismus

    AntwortenLöschen